Geometrie und Architektur VIII/2012:

Antoni Gaudí i Cornet - Einleitung

Spanien hatte über die Jahrhunderte hinweg viele große Architekten aufzuweisen, die allerdings hierorts weitgehend unbekannt sind, nicht einmal der heutige Großmeister Santiago Calatrava Valls (* 28. Juli 1951 in Valencia) ist über Kreise von Eingeweihten hinaus bei uns besonders bekannt.

Anders verhält es sich mit Antoni Gaudí i Cornet (* 25. Juni 1852 in Reus, † 10. Juni 1926 in Barcelona), der fast genau 100 Jahre vor Calatrava gelebt hat, er ist auch in Mitteleuropa ein Begriff, wahrscheinlich deshalb, weil kein Besucher von Barcelona an seinem Werk, vor allem dem Torso der Sagrada Familia, vorbeigehen kann.
Er war der wichtigste Vertreter des "Modernisme" in Katalonien (nicht aber in Rest-Spanien!!), einer Spielart des Jugendstiles. Allen Erscheinungsformen des Jugendstiles gemeinsam ist die Betonung der Funktionalität, die Synthese also von Funktion und Form und die Integration des Dekors. Dadurch entstanden oft Gesamtkunstwerke, in denen die Planung der Form, des Dekors bis hin zur Möblierung aus einem Entwurf stammt. Während der Wiener Jugendstil eher verhalten dekoriert und eine gewisse Strenge ausstrahlt, ist der Prager Jugendstil schon viel üppiger und formenfreudiger (wie man etwa am Obecní dům sieht), und der katalanische Modernisme bringt hier noch einmal eine deutliche Steigerung.

Bild rechts oben: Jugendstil Wien, Stadtbahnstation Karlsplatz
© Alle Rechte vorbehalten von rudi_valtiner, http://www.flickr.com

Bild rechts Mitte: Jugendstil Prag, Obecní dům
Quelle: www.knittinganarchist.de

Spanien war Ende des 19. Jahrhunderts noch Kolonialmacht, Kuba, die Perle Amerikas, und die Philippinen waren der Restbestand des Kolonialreiches. Genauso wie heute gab es jedoch enge wirtschaftliche Beziehungen zu den ehemaligen Kolonien, d.h. es flossen ungeheure Reichtümer nach Spanien, allerdings nur nach Andalusien und vor allem nach Katalonien. Die Auftraggeber von Gaudí gehörten der unermesslich reichen Oberschicht an; finanzielle Probleme dürfte es also eher nicht gegeben haben. Allen privaten Bauten ist der Reichtum der Besitzer auch heute noch anzusehen.
Neben dem ungeheuren Luxus gab es allerdings auch das unbeschreibliche Elend der Unterschicht; die ausgeplünderte Arbeiterschaft schloss sich mehrheitlich nicht wie in Resteuropa dem Marxismus an sondern dem Anarchismus.

Der Modernisme ist mehr oder weniger auf Katalonien beschränkt. Diese war im Mittelalter eine bedeutsame Seemacht im Mittelmeer und wurde erst durch Isabella und Ferdinand um 1500 einigermaßen zu einem Staat verbunden, allerdings mit bedeutender Autonomie. Diese wurde erst 1715 gewaltsam durch die Bourbonenkönige abgeschafft, als Bestrafung für die Parteinahme Kataloniens für den Habsburger Karl VI. im Spanischen Erbfolgekrieg. Das Land erreichte erst nach Ende der Franco Diktatur seine Autonomie wieder; kulturell autonom war man aber immer, auch sprachlich, trotz 250 Jahren der Unterdrückung. Gaudí uns der katalanische Modernisme sind daher streng auf Katalonien beschränkt.

Bild rechts unten: Jugendstil Barcelona, Casa Batlló
Quelle: www.hr-rose.de

Zurück zur Geometrie!

Einerseits war Gaudí nicht nur ein begnadeter Architekt sondern auch ein genialer Geometer; seine Lösungen für diverse statische Probleme sind einzigartig und vor allem inzwischen eingehend untersucht, so dass, anders als etwa bei Calatrava, die Geometrie seiner Bauwerke nachvollziehbar ist. Der Anschein des üppig sprießenden Wildwuchses täuscht also durchaus, bei vielen (natürlich nicht allen) Formen steht klare Geometrie dahinter.

Verwendete Kurven

  • CATENARIA. La curva catenaria se había estudiado en física y matemáticas mucho antesde Gaudí.
    Die Kettenlinie ist ein immer wiederkehrendes Element in seinen Entwürfe, die umgekehrte Kettenlinie ist das Profil seiner Gewölbe. Zum Entwurf fertigte er viele Modelle an (bestehend aus einem Faden mit vielen angehefteten kleinen Gewichten)

  • ESPIRALES. Con hilos que se bobinan o se rebobinan en torno a cilindros o conos
    diese haben mehr dekorative Bedeutung

  • SINUSOIDES. Las formas sinusoidales son propias de los movimientos serpenteantes
    Sinuskurven, Symbole für Wellenbewegung

  • CÓNICAS. Las circunferencias, las elipses, las parábolas y las hipérboles son curvas presentes en muchas formas gaudinianas
    ...ohne Kegelschnitte geht es doch nicht...

  • CURVAS REDONDEADAS. Son curvas topológicamente equivalentes a un círculo que se obtienen por deformación continua de éste y que se erigen en sello característico del modernismo.
    Kurven, die durch topologische Umformungen des Kreises entstehen

Verwendete Flächen

  • CILINDROS

  • HELICOIDES. Un helicoide es una superficie generada por el movimiento de una rectaque se mueve paralela a un plano
    Wendelfläche

  • RAMPAS HELICOIDALES. La rampa helicoidal que D.J.Struik denomina «helicoide desarrollable» es la superficie que nace a partir de un cilindro y una hélice fijada a la superficie cilíndrica, considerando todas las rectas tangentes...
    Schraubtorse, anders als die Wendelfläche sonst eher selten in der Architektur zu finden

  • CONOS.

  • SUPERFICIES CONOIDALES RECTAS. Estas superficies regladas están determinadas por una recta, un plano perpendicular y una curva en el espacio, y formadas ...
    gerade Konoide, in der Architektur eher selten vertreten

  • HIPERBOLOIDES DE UNA HOJA.
    Einschaliges Hyperboloid

  • PARABOLOIDES HIPERBÓLICOS- El paraboloide hiperbólico, una de las superficies másimportantes y originales usadas por Gaudí,es una superficie reglada...
    Hyperbolisches Paraboloid, definiert als Erzeugnis ähnlicher Punktreihen auf zwei windschiefen Geraden. Interessanterweise als Gewölbeform

Manipulation der Grundelemente

  • LA TRASLACIÓN. Es el proceso de repetir mediante desplazamientos, lo que crea el efecto de cenefa.
    (klar)

  • LA SIMETRIZACIÓN. Se trata del proceso que utiliza planos de simetría para generar objetos de simetría especular.
    (Verwendung vielfacher Symmetrien)

  • LA MODULACIÓN. El uso de módulos prefabricados en el Parc Güell, el sistema de medidas (módulo de 7,5 metros) y proporciones de la Sagrada Família (1, 1/3, 1/4, 1/2, 3/4, 2/3, 1)
    (Verwendung von Modulen abgestufter Größe)

  • LA GENERACIÓN HELICOIDAL. Este principio combina de forma compleja una o dos rotaciones en torno a un eje y traslaciones en la dirección de éste ...
    (Schraublinien und Schraubflächen)

  • EL REDONDEO DE FORMAS. Se trata del proceso de suavizar ángulos y puntas añadiendo
    (Abrundung, Glättung von Objekten)

  • LA MACLACIÓN. La operación, compleja, de intersecar o acoplar diversas figuras geométricas
    (Boole`sche Operationen: Schnitt und Vereinigung)

  • EL VACIADO. Este procedimiento consiste en obtener un cuerpo espacial por sustracción de unas partes determinadas.
    (Boole`sche Operationen: Differenz)

  • LA DISECCIÓN. Gaudí aplicó muy selectivamente ese principio de hacer una disección de figuras espaciales (especialmente superficies)
    (Durchdringungen)..

  • LA FRACTALIDAD. Gaudí aprovechó el principio natural de la fractalidad en el crecimiento de las ramas de los árboles para diseñar las columnas de la Sagrada Família
    (Fraktale bei den Säulen der Sagrada Familia)

  • LA AUTOSEMEJANZA. Es el principio según el cual se utiliza a la vez una misma forma de medidas muy diferentes, a escalas distantes
    (Prinzip der Selbsähnlichkeit)

Entnommen aus:
Gaudí. La búsqueda de la forma Espacio, geometría, estructura y construcción
DANIEL GIRALT-MIRACLE (director)
Ayuntamiento de Barcelona, Institut de Cultura

Fotoalbum

Hier sind quasi zur Einstimmung zwei Fotoalben zu sehen,

  • Die Sagrada Família (vollständige katalanische Bezeichnung: Temple Expiatori de la Sagrada Família; deutsch Sühnekirche der Heiligen Familie) und

  • drei seiner vielen Profanbauten in Barcelona, nämlich der Privatvilla Casa Batlló, das Nobelmietshaus Casa Milà und den Park Güell, in dem 60 Villen hätten errichtet werden sollen, allerdings wurden nur einige davon und alle Gemeinschaftsanlagen tatsächlich gebaut.